Der „Nabel Schwabens“ nannte sich der Entwurf für den neuen Stuttgarter Hauptbahnhof, mit dem die Architekten Paul Bonatz und Friedrich Eugen Scholer 1910 den Wettbewerb um den Bahnhofsbau gewannen. Heute ist der neue Bahnhof ein alter Bahnhof und soll teilweise dem Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 weichen. Vielleicht kommt diesen Plänen aber doch noch der Denkmalschutz in die Quere?
Die Vision und ihre Gegner
Stuttgart 21 ist ein Großprojekt. Aus dem bisherigen Kopfbahnhof in Stuttgart soll ein unterirdischer Durchgangsbahnhof mit insgesamt acht Gleisen werden. Verkauft wird das als Vision. Insgesamt 100 Hektar freier Fläche sollen durch die Verlagerung des Bahnhofs entstehen. Geplant ist eine Nutzung beispielsweise für Parks und neue Stadtquartiere, in denen 20.000 Arbeitsplätze und 11.000 Wohnungen entstehen könnten. Doch nicht jeder zeigt sich gleichsam vom Projekt begeistert. Zu teuer, zu riskant, sagen die Gegner. Ihnen zur Seite könnten jetzt Denkmalschützer stehen. Das International Council on Monuments and Sites (Icomos) empfiehlt, das alte Stuttgarter Bahnhofsgebäude komplett in die Vorschlagsliste für das UNESCO-Weltkulturerbe aufzunehmen. Icomos fungiert als die UNESCO beratende Organisation in solchen Fragen.
Hauptgebäude soll in jedem Fall bleiben
Ein Komplett-Abriss des alten Bahnhofs planen auch die Befürworter von Stuttgart 21 nicht. Das Hauptgebäude mit seinem Arkadengang und dem charakteristischen Bahnhofsturm soll bleiben und Teil von Stuttgart 21 werden. 56 Meter hoch ist der Turm, auf dessen Spitze ein Stern (einer bekannten Automarke) mit insgesamt fünf Metern Durchmesser steht und Reisende begrüßt. Die Seitenflügel des Bahnhofs müssten dem neuen Projekt Stuttgart 21 weichen. Würde der Bahnhof zum Weltkulturerbe, so wären solche Pläne allerdings hinfällig. Freuen würde sich darüber auch der Denkmalexperte Matthias Roser, der einen Internationalen Aufruf für den Erhalt des Hauptbahnhofs ins Leben gerufen hat. Mehr als vierhundert Architekten, Planer, Bauhistoriker und weitere Menschen haben diesen Aufruf mittlerweile unterzeichnet.
Vision oder Wahnsinn?
Die Projektgegner würden den Erhalt des alten Bahnhofs wohl ebenso begrüßen wie den Stopp des neuen Projekts und haben Teile der Presse dabei auf ihrer Seite. „Stuttgart 21 – das Milliardengrab“ betitelte etwa die Frankfurter Rundschau einen Artikel vom 24. November 2009 und verwies darauf, dass die Städte Franfurt und München ähnliche Bahnhofspläne aufgegeben hätten, da sie aus ihrer Sicht zu riskant seien. Letztlich bleiben auch in Stuttgart Fragen: Soll das alte teilweise weichen, um dem neuen Platz zu schaffen, weil ein Bahnhof schließlich nur ein Bahnhof ist? Und ist das neue es wirklich wert, dass das alte weicht? Stuttgart 21 – Vision oder Wahnsinn?