In der Stadt Warstein möchte eine Familie in eine ehemalige Leichenhalle ziehen. Das einzige Beispiel einer kuriosen Umnutzung von Gebäuden ist das keineswegs. Auch ehemalige Haftanstalten und Getreidesilos taugen bisweilen als Wohnraum.
Eine Leichenhalle als Schnäppchen
Allzu viel Geisterglaube darf die Familie wohl nicht mitbringen, die in Warstein im nordrhein-westfälischen Kreis Soest in eine ehemalige Leichenhalle ziehen möchte. Die Stadt selbst hatte 1998 beschlossen, einen neuen Friedhof zu errichten, weil der alte scheinbar zu klein geworden war. Tatsächlich wurde anschließend fast eine Million Euro investiert, um den neuen Friedhof zu bauen. Dann jedoch entschieden sich die Warsteiner plötzlich mehr und mehr für Urnenbegräbnisse und der Neubau wurde unnütz, weil der alte Friedhof wieder ausreichte. Warstein wollte das Friedhofsgelände mitsamt Glockenturm, Kapelle und Leichenhalle wieder loswerden, bot das Paket als Wohnmöglichkeit an und fand wohl einen Käufer in einem Sachbearbeiter des örtlichen Tiefbauamts. Mit einem möglichen Kaufpreis von maximal 130.000€ können die Immobilien in guter Warsteiner Wohnlage, die insgesamt 200 Quadratmeter Wohnfläche bieten, durchaus als Schnäppchen bezeichnet werden. Nur an Geister… an Geister darf man nicht allzu sehr glauben.
Die Umnutzung einer Haftanstalt
Als etwas skurrile Form der Umnutzung könnte man auch den Umbau der ehemaligen Haftanstalt Rummelsburg in Berlin bezeichnen. Die bereits in den Jahren 1877 bis 1879 errichtete Anlage hat eine bewegte Vergangenheit hinter sich: Zunächst war sie Arbeitslager für Menschen aus Berlin, die wegen Bettelei festgesetzt wurden. Die Nationalsozialisten missbrauchten sie als „Städtisches Arbeits- und Bewahrungshaus Berlin-Lichtenberg“. Noch etwas später nutzte die Deutsche Demokratische Republik die Haftanstalt, in der nun neben vielen DDR-Bürgern auch westdeutsche Fluchthelfer einsaßen. Prominenter Gefangener war 1990 Erich Honecker. Im selben Jahr, in dem Honecker hier eine Nacht verbrachte, endete die Nutzung der Haftanstalt Rummelsburg. Mittlerweile heißt die Anlage „Berlin Campus“, gehört seit 2007 der Maruhn-Immobiliengruppe aus Berlin und bietet nach einer denkmalgerechten Sanierung Platz für etwa 150 Wohnungen. Die Bewohner besitzen durchweg Schlüssel für die Gebäude. Das… war keineswegs immer so.
Preisgekrönte Wohnideen in NRW
Im April 2008 wurden insgesamt 12 Projekte des Wohnens an ungewöhnlichen Orten von der Architektenkammer Nordrhein-Westfalen und dem nordrhein-westfälischen Bauministerium ausgezeichnet. Die preisgekrönten Projekte sind weitere Beispiele für außergewöhnliche Umnutzungen. Eine Leichenhalle war damals zwar nicht dabei, dafür wurde Wohnraum etwa in einem ehemaligen Supermarkt, in Speichergebäuden und in einem Getreidesilo realisiert. Bei letztgenanntem Beispiel wurde in Neuss ein 1963 gebauter und etwa 20 Meter hoher Getreidesiloturm zu so etwas Ähnlichem wie ein Einfamilienhaus umgebaut. Ganz so wie andere Einfamilienhäuser sieht die Immobilie zwar nicht aus. Aber das muss ja auch nicht sein!