Am dritten März 2010 jährt sich der Einsturz des Kölner Stadtarchivs, dem nicht nur wertvolle Dokumente, sondern auch zwei Menschen zum Opfer fielen. Für viele Menschen scheinen sich derzeit all die Spekulationen, dass der Kölner U-Bahn-Bau ursächlich für den Einsturz verantwortlich ist, zu erhärten. Mittlerweile wird dem Verdacht nachgegangen, dass Mitarbeiter des U-Bahn-Baus Messdaten gefälscht und dass andere Baumaterialien verkauft haben, statt sie beim U-Bahn-Bau zu verwenden.
Weiberfastnacht und Erinnerung an eine Katastrophe
Am vergangenen Donnerstag war Weiberfastnacht in Köln. Eigentlich ist das kein Termin, um über Politik, U-Bahnbauten und eingestürzte Stadtarchive zu diskutieren. Warum es dennoch geschah? An diesem Tag wurde bekannt und erhärtet, was ein Zeuge ausgesagt hatte: Es wurden zu wenige Stahlträger beim Bau zur Sicherung der Baugrube verwendet. Am Kölner Heumarkt sollen es nur zwanzig Prozent der geplanten Träger gewesen sein, ergab eine Inspektion der Kölner Verkehrsbetriebe. Dass der U-Bahn-Bau auch verantwortlich sei für den Einsturz des Kölner Stadtarchivs, dafür gäbe es nach wie vor keine belastenden Erkenntnisse, sagte der Oberstaatsanwalt Günther Feld gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Der Verdacht, dass es dennoch so sein könne, scheint jedoch bei vielen Menschen, gegeben zu sein. Am dritten März 2009 war das Archiv „in sich zusammengefallen wie ein Kartenhaus“ und hatte auch angrenzende Gebäude beschädigt. Zwei Menschen verloren damals ihr Leben. Das siebengeschossige Gebäude wurde 1971 eröffnet; geplant hatte es der Architekt Fritz Haferkamp. 4.221 Regalmeter Archivgut soll in seinen Geschossen oberhalb des Erdgeschosses Platz gefunden haben: unter anderem etwa 65.000 Urkunden (aus den Jahren ab 992).
Kölner U-Bahn-Bau — es wird ermittelt
Die Ermittlungen laufen und es besteht der Verdacht, dass eine ganze Reihe der Stahlträger an einen Schrotthändler verkauft wurde; zudem soll bei den Baugruben zu wenig Beton genutzt und Messdaten sollen gefälscht worden sein. Selbst, wenn sich der U-Bahn-Bau in Köln nachträglich als eher kleine oder keine Ursache des Stadtarchiv-Einsturzes herausstellen sollte, dürfte es sich um unverantwortliches, illegales und die Sicherheit gefährdendes Verhalten handeln, falls sich die Vorwürfe weiter erhärten. Es wirkt zudem unglaubwürdig, dass sich diejenigen Beteiligten am U-Bahn-Bau nicht möglicher Folgen bewusst waren, die eventuell tatsächlich nur 20 Prozent der geplanten Stahlträger in die Baugrube einbauen ließen. Und es wirkt so, als sei dies — falls sich der Verdacht weiter erhärtet — nicht eine Tat nur weniger Menschen, sondern ein organisiertes Verbrechen einer ganzen Reihe von Leuten. Ein U-Bahn-Bau ist nicht das Aufstellen eines Gartenhäuschens. Hier sind viele Personen beteiligt: Ausführende und Prüfende. Dennoch merkte oder wollte niemand merken, was falsch lief in den Baugruben?
Noch ist nichts vorbei
Der Kölner Karneval ist bis zum 11.11. des Jahres beendet. Anfängliche Befürchtungen, der Skandal um die Baugruben könne auch den Karneval gefährden und der Rosenmontagszug müsse umgeleitet werden, haben sich nicht bewahrheitet. Die Sache mit dem U-Bahn-Bau und den Baugruben ist allerdings noch lange nicht vorbei. Nun fürchtet man das Kölner Hochwasser, das im Frühjahr fast so sicher kommt wie das Amen in der Kirche. Auch das Hochwasser könnte eine Gefährdung der Baugruben und damit von Teilen der Stadt bedeuten. In Köln ist derzeit schnelles und dennoch überlegtes Handeln gefragt.